05.03. Ein angefüllter Sonntag

Müde und erfüllt schließe ich diesen Tag ab – während draußen ein starkes Gewitter tobt, das für die Gegend und Jahreszeit ungewöhnlich ist. Nach der Sonntagsmesse haben sich Besucher quasi die Klinke in die Hand gegeben – alle mit ganz unterschiedlichen Anliegen. Eine ganz besondere Freude war der Besuch von fünf unserer ehemaligen Hosteljungs, die inzwischen erwachsen sind und voll im Leben stehen. War Deepak gefühlt noch vor kurzem der zarte sensible Junge, arbeitet er heute im Immobilienbereich in Mumbai. Am Nachmittag hatten wir ein weiteres Treffen mit Vertreterinnen der zu gründenden Frauengruppen. Das Interesse der Frauen an einem eigenen Einkommen ist nach wie vor ungebrochen und alle Beteiligten sind auf die nächsten Schritte gespannt.

Wiedersehen mit ehemaligen Hosteljungs nach langer Zeit

Treffen mit Vertreterinnen der zu gründenden Frauengruppen

04.03. Rückkehr nach Rahuri Factory

Heute morgen sind wir wieder gut mit dem Zug nach Rahuri Factory zurück gekommen – erfüllt mit reichen Eindrücken.
Im benachbarten Hostel wo junge Krankenschwestern untergebracht sind, habe ich Gelegenheit Yoga zu geben.
Ich bin erstaunt über den Standard des Yogas dort und erfahre, dass mittlerweile an sehr vielen Schulen Samstag „Yogatag“ ist – ein Ausdruck der momentanen Regierung?

02.03. – Soziale Arbeit in den Dörfern

Auch heute fahren wir in die Dörfer. Unter üppigem Grün der Landschaft verbirgt sich viel Armut. Zunächst besuchen wir die Familien von 4 jungen Mädchen, die in ihrer Nurse-Ausbildung von LLL unterstützt werden, Sayali, Pooja, Bhakti and Sonam. Die Eltern, die als Tagelöhner Cashewnüsse ernten, haben sich sogar für uns heute frei genommen, und verzichten auf ihren Verdienst.

In einem anderen Dorf besuchen wir eine Selbsthilfegruppe mit 10 geistig/ körperlich behinderten Menschen. Bei körperlichen Behinderungen wird versucht Physiotherapie zu geben, doch die Verwandten setzen eine Behandlung nicht fort, sodass Erfolge im Bewegungsumfang schnell wieder zunichte gemacht werden.

01.03. – Medizinisches Camp bei Shepherd-People

Die kurvigen Straßen führen uns durch herrliche Landschaft weit hinauf in die Berge. Wir besuchen heute ein Dorf im Landesinneren. Nach einer Stunde wird die Straße schmäler und die letzten 4 km entsprechen unseren Wanderwegen. Im Dorf leben 25 Familien der Shepherd-Kaste, sehr einfache und freundliche Menschen. Das Camp findet auf dem Schulcampus statt: Allgemeinmedizin, Hautkrankheiten, Ohren und Augen stehen auf dem Programm. Zwei Ärzte leiten gemeinsam mit den Schwestern den Einsatz. Insgesamt werden an diesem Tag 37 Patienten behandelt und mit Medikamenten versorgt. Für mich ist faszinierend wie unspektakulär und effektiv das Programm abgewickelt wird. Nebenbei kommen die Schüler zu uns und suchen Kontakt. 9 Schüler von der 1. zur 5. Klasse werden in einem Raum unterrichtet. Viele Kinder des Dorfes verweigern die Schule. Auf einem Rundgang durch‘s Dorf sehen wir mehr von den Lebensumständen der Menschen. Besonders die große Wasserknappheit ist ein Problem. Viele Hautkrankheiten sind darauf und auf den engen Kontakt zu den Tieren zurück zu führen. Nach etwa 4 Stunden sind alle Patienten zufrieden und wir machen uns auf den Rückweg.

27. + 28.02. – Fahrt nach Sawantwadi

Nach den anstrengenden letzten Tagen haben wir einen Tripp nach Sawantwadi geplant. Wir starten um 9:30 a.m. in Rahuri Factory und ahnen noch nicht, dass es eine längere Fahrt werden wird. Nach 27 Stunden (davon 18 Stunden Zugfahrt) kommen wir in Sawantwadi an. Hier empfängt uns üppiges Grün und die MMSI-Schwestern (die wir von unseren Plastic Surgery Camps kennen) geben uns ein herzliches Willkommen. Der restliche Tag gilt dem Ankommen.

Doch auch hier im üppigen Grün scheint der Muell entlang der Straßen unvermeidbar.

26.02. – Treffen mit Schülern und Collegestudenten

Heute fand das lang ersehnte Collegestudenten-Treffen statt. Zwischen 40 und 50 Schüler und Studenten (im Studium und Ehemalige) nehmen am Treffen teil, dazu zahlreiche Eltern. Drei Senior-Studentinnen, Sonali, Deepali und Savita, führen durch das Programm. Es gibt regen Austausch und Diskussion sowie Ehrungen. Alle Teilnehmer betonen die nachhaltige positive Veränderung, die ihr Leben durch das Programm erfahren hat. Nach gut drei Stunden schließen wir die offizielle Sitzung mit verschiedenen Gruppenfotos ab. Und danach – genießen alle köstliches Chickenbiriyani und danach süße Wassermelone.

23.02. – Der Anfang einer Frauengruppe im Dorf

Vor 2 Tagen waren wir in Prasad Nagar, einem Dorf in der Nähe. Viele Frauen teilten ihre Probleme und Unzufriedenheit mit uns – all die typischen Themen indischer Frauen. Schon länger ziehen wir in Betracht über Frauengruppen die Gemeinschaft der Frauen und ihre Position in der Gesellschaft zu stärken. Heute kamen 20 Frauen zu einem ersten Treffen zusammen: soll eine Frauengruppe gegründet werden? Welchen Fokus soll sie haben? Die Frauen haben sehr klare Vorstellungen, was sie brauchen. Nach einigen Diskussionen steht fest: die Gruppe wird sich um Mikrokredite herum bilden. Wir schlagen vor eine erste Schulung für alle zu finanzieren. Die Dankbarkeit der Frauen für diese Initiative ist deutlich zu spüren. Nach einer guten Stunde und dem Fixieren eines nächsten Treffens, gehen alle dankbar nach Hause oder zur Arbeit.

22.02. – Besuch im Mädchen-Hostel

Während einer Besuchsreise schauen wir auch im Hostel der „Newasa-Schwestern“, unserem früheren Standort vorbei. Die Freude der Mädchen ist groß und unsere noch größer: wir haben das Glück, dass wir Nikita und Nea, zwei unserer „älteren“ Hostelmädchen, antreffen.

21.02.2023 – Hintergründe

Extremer Reichtum – extreme Armut – zu viele Menschen


Indien stellt sich auf dem internationalen Parkett als boomende Wirtschaftsmacht dar. Man findet Wirtschaftszentren wie Mumbai, Delhi oder Bangalore. Gleichzeitig lebt ein sehr großer Teil der indischen Bevölkerung noch immer unter existenzbedrohenden Bedingungen. 
Etwa 230 Millionen Menschen müssen mit weniger als 1,90 $ am Tag auskommen. Die Corona-Pandemie und ihre sozio-ökonomischen Folgen haben Arbeitslosigkeit und Armut insbesondere innerhalb der marginalisierten (am Rand der Bevölkerung lebenden) Gruppen wieder ansteigen lassen. Ein Grund dafür ist der hohe Anteil des sogenannten informellen Sektors in Indien. Dieser gilt als das Rückgrat der indischen Wirtschaft. Informelle Arbeit bedeutet einerseits einen leichten Zugang zu Arbeit, oft als Tagelöhner, gibt aber andrerseits keine Sicherheiten für die Arbeitenden.Die Infrastruktur im ländlichen Bereich hinkt nach wie vor den urbanen Zentren hinterher. Krankenhäuser gehen immer mehr in private Hand über. Viele Behandlungen übersteigen die finanziellen Möglichkeiten der Familien. Der Anteil des Gesundheitswesens am BIP beträgt in Indien 2,1% (vgl. Deutschland 2020/2021: 13,1 %). Mehr als 60% der Bevölkerung haben noch immer keinen Zugang zu sanitären Anlagen. Die gesundheitlichen Folgen sind Durchfall, Hepatitis und Typhus. Mehr als 35% der Kinder unter 5 Jahren sind untergewichtig.Von den Missständen sind insbesondere Frauen und Mädchen betroffen.
Das starke Bevölkerungswachstum Indiens – Ende 2022 lebten In Indien 1,417 Mrd. Menschen – verschärft die Situation zusätzlich. Immer noch zählen männliche Nachkommen mehr als weibliche. Viele Familien bekommen erst nach mehreren Mädchen den ersehnten Sohn. Indien ist wenig erfolgreich in der Qualifizierung der großen Anzahl junger Menschen und auch darin, ihnen entsprechende Jobs zur Verfügung zu stellen. 
Besonders hart trifft das Mädchen und junge Frauen. Sie können die Schule oft nicht beenden, werden als billige Arbeitskräfte im Dorf miss-/gebraucht und sehr oft zwangsverheiratet.Wie kann dieser Situation begegnet werden? Bildung und Aufklärung sind die Basis für mehr Gleichstellung der Frauen und zum Aufbau gesünderer wirtschaftlicher Strukturen.